5 Fragen an Design Thinking Coach Jane Schek
Tolle Lösung für kein Problem? So traurig es auch ist: Die fehlende Nachfrage eines Produktes ist nach wie vor der Hauptgrund für das Versagen von Startups. Jetzt könnten wir ganz frech sagen: da hat jemand seine Hausaufgabe nicht gemacht. Stimmt nicht. Denn meist scheitert es nicht an dem ob, sondern dem wie. Und es muss auch nicht immer um das nächste Big-Thing-Product gehen, vielmehr betrifft die Qualität einer Bedürfnisanalyse uns alle in unserer täglichen Arbeit als Kreative. Deswegen haben wir unsere letzte Meetup-Ausgabe dem qualitativen Research gewidmet und dafür eine tolle Speakerin gewinnen können: Jane Scheck. Als Design Thinking Coach und Expertin für Insights hat sie uns Know-How und Methoden aus über 20 Jahren Zusammenarbeit mit großen und kleinen Marken mitgebracht. Im Anschluss an ihren Vortrag hatten wir Gelegenheit, ihr noch ein paar Fragen zu stellen.
Der Titel deines Meetup-Vortrags stellt ja die vernichtende Frage »tolles Produkt für kein Problem?«. Wie kommen wir denn an all die Probleme, die es sich zu lösen lohnt?
Das können wir nur machen, indem wir die Welt durch die Augen unserer Kunden betrachten. Ein Problem, das ich für ein Problem halte, ist es nicht unbedingt für andere. Wir sind so geschult und sozialisiert, dass sobald ein Problem um die Ecke kommt, wir oft mit der erstbesten Lösung draufhauen. Wir nehmen uns nicht die Zeit, dieses Problem genauer zu betrachten. Wenn wir verstehen, was die Challenges für unsere Zielgruppe sind, dann können wir auch besser verstehen, ob unser Produkt tatsächlich eine Hilfe sein könnte.
Jedes Unternehmen beschäftigt sich in der Marktforschung unweigerlich mit der eigenen Zielgruppe. Was waren die größten Fehler, die dir in diesem Kontext untergekommen sind?
Ich erinnere da mich ganz spontan an eine Online-Mode-Marke mit der ich zusammengearbeitet habe. Die haben sehr viel ins Research gesteckt. Wir haben deren Kunden zuhause besucht, haben uns ihre Kleiderschränke zeigen und uns alles erklären lassen. Mein Kunde, also die Modemarke, fand das alles toll, aber trotzdem blieb immer die Frage, warum sie eigentlich nicht mehr verkaufen. Ich habe dann versucht, sie dazu zu bewegen, auch mal mit den Non-Usern zu sprechen, also mit Frauen, die andere Modemarken vorziehen. Das hat total gefehlt. Ein weiterer Fehler, der oft gemacht wird, ist, dass man sich zu sehr auf den Mainstream konzentriert. Da wird man auch nichts Neues lernen. Es lohnt sich wirklich, die Ränder zu betrachten. Ich habe mal für eine Schuhmarke Research gemacht, die da etwas mutiger war. Im Rahmen eines Projekts haben wir Interviews mit Menschen geführt, die zum einen immer Barfuß laufen, also die, die nie Schuhe tragen und dann wiederum mit Menschen, die tausende Schuhe im Schrank haben. Nicht weil wir an diese Menschen verkaufen wollten, aber diese »Outlier« haben uns wirklich geholfen, zu verstehen, worum es geht.
Design Thinking scheint ein Thema zu sein, dass sich nur die größten Unternehmen leisten können und wollen. Wie können auch kleine und mittelständische Unternehmen deiner Meinung nach von dem Ansatz profitieren?
Indem sie es einfach tun. Ich glaube eben nicht, dass es nur was für Großkonzerne ist. Ich würde sogar sagen, dass Design Thinking mächtiger im Mittelstand ist. Weil ich dort viel näher am Kunden dran bin, zum Beispiel über einzelne MitarbeiterInnen. Ob das jetzt der Pförtner ist oder die Frau in der Buchhaltung, wo die Reklamationen eingehen. Im Konzern habe ich eher diese Silos. Dort ist es viel schwieriger, ein gemischtes Team zusammen zu bekommen. Das geht im Mittelstand viel leichter. Ich würde mir sehr wünschen, dass mehr Klein- und Mittelständler Design Thinking einsetzten würden. Umso mehr tut es mir weh, wenn ich höre, dass dieser »Hype« vorbei sein soll und auch eh nicht funktionieren würde. Jedes Instrument ist nur so gut wie die Anwendung.
Was wären erste Schritte, um den Shift Richtung Human Centered Design zu bewerkstelligen?
Just do it. Ich habe das Glück mit Jule Jankowski von Humiq zusammen zu arbeiten. Wir haben einen Kunden bei dem wir kleine Workshops machen. Wir nennen das »Design Thinking-Shortcut«. Wir packen dort keine großartige Theorie rein, sondern führen die TeilnehmerInnen in kürzester Zeit durch den Prozess und lassen sie selbst Interviews führen. Viele Mittelständler haben ja immer noch diese Inside-Out-Mentalität, also sie gehen immer noch davon aus, dass FirmeninhaberIn wissen, was ihre Kunden brauchen. Das war auch 150 Jahre richtig so, aber durch die Globalisierung und Digitalisierung muss diesen Personen jetzt zu einer Outside-In-Perspektive verholfen werden, damit ihr Unternehmen überlebt. Zu erleben, wie es ist, in einem kleinen Team ein Problem ganz anders anzugehen, ist wirklich hilfreich für diesen Switch. Da gibt es jedes mal riesige Aha-Momente.
Mit welchem Thema könnten wir dich als Besucherin für unsere nächste Meetup-Ausgabe gewinnen?
Mich faszinieren im Moment die Liberating Structures als Moderationstechnik. Außerdem ist Markenentwicklung euer Thema – da würde mich etwas zur Markenintegrität und Markenpersönlichkeit interessieren. Was ist die Herausforderung heute in der digitalisierten Welt, also was ist Marke 2020?